Beschreibung
Worum geht es bei dieser Technik?
Ein erstes Problem im Kreativitätsprozess ist es, die Nutzer zu verstehen: ihre Bedürfnisse, ihre Wünsche, ihre Ziele und ihre Herangehensweise an Aufgaben. Jedoch ist der Aufgabenablauf für die Menschen, die ihn ausführen, so gewöhnlich geworden, dass sie oft Schwierigkeiten haben, genau zu artikulieren, was sie tun und warum sie es tun.
Contextual Inquiry (Holtzblatt & Beyer, 2016) ist ein expliziter Schritt, um zu verstehen, wer die Benutzer wirklich sind und wie sie täglich Aufgaben lösen. Das Designteam führt persönliche Feldinterviews mit Benutzern in ihrer natürlichen Umgebung wie dem Arbeitsplatz durch, um herauszufinden, worauf es in einem bestimmten Kontext ankommt. Ein kontextueller Interviewer beobachtet Benutzer bei der Lösung ihrer Aufgaben und erkundigt sich nach den Handlungen der Benutzer, während sie sich entfalten, um ihre Motivationen und Strategien zu verstehen. Interviewer und Benutzer entwickeln durch Diskussionen eine gemeinsame Interpretation der Arbeit.
In Interpretationssitzungen wird ein Team zusammengebracht, um die ganze Geschichte eines Interviews zu hören und die Erkenntnisse und Erkenntnisse festzuhalten, die für ihr Designproblem relevant sind. Bei einer Interpretationssitzung kann jeder im Team seine einzigartige Perspektive in die Daten einbringen und Design-, Marketing- und geschäftliche Auswirkungen teilen. Durch diese Diskussionen erfasst das Team Probleme, zeichnet Aufgabenmodelle und entwickelt eine gemeinsame Sicht auf die Benutzer, deren Daten interpretiert werden, und ihre Bedürfnisse.
Das Contextual Inquiry kann besonders nützlich für Designer sein, die Produkte oder Dienstleistungen erstellen, die komplex sind oder mehrere Schritte oder Interaktionen umfassen..
Woher kommt sie?
Contextual Inquiry wurde Ende der 1980er Jahre von Hugh Beyer und Karen Holtzblatt entwickelt, die als Human Factors Engineers bei der Digital Equipment Corporation (DEC) arbeiteten. Sie entwickelten die Methode, um die Bedürfnisse und Arbeitsabläufe der Benutzer am Arbeitsplatz besser zu verstehen, mit dem Ziel, effektivere Softwareanwendungen zu entwerfen.
Beyer und Holtzblatt stellten fest, dass traditionelle Methoden der Nutzerforschung, wie Umfragen und Interviews, oft nicht die Nuancen erfassen konnten, wie Menschen Technologie in ihrer täglichen Arbeit tatsächlich nutzen. Indem sie Nutzer in ihrem Arbeitsumfeld beobachteten und ihnen Fragen zu ihren Aufgaben und Zielen stellten, konnten sie den Kontext, in dem die Technologie eingesetzt wurde, besser verstehen und Softwareanwendungen entwerfen, die den Bedürfnissen ihrer Nutzer besser entsprachen.
Seit ihrer Entwicklung hat sich Contextual Inquiry zu einer weit verbreiteten Forschungsmethode im Designbereich entwickelt, insbesondere in den Bereichen User Experience (UX) und User Centered Design. Es wurde auch auf andere Bereiche wie die Anthropologie, wo es als ethnografische Forschung bekannt ist, angepasst und erweitert.
Für welche Zwecke wird sie eingesetzt (warum in Ihrem Technikunterricht)
Der Zweck von Contextual Inquiries besteht darin, Einblicke in die Bedürfnisse, Motivationen und Herausforderungen der Benutzer zu gewinnen und diese Informationen zu nutzen, um Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die ihre Bedürfnisse effektiver erfüllen. Indem sie Benutzer in ihrer natürlichen Umgebung beobachten, können kreative Ingenieure ein tieferes Verständnis dafür gewinnen, wie sie Produkte oder Dienstleistungen nutzen und wie sie in ihr tägliches Leben passen.
Contextual Inquiry kann besonders nützlich für Designer sein, die Produkte oder Dienstleistungen erstellen, die komplex sind oder mehrere Schritte oder Interaktionen umfassen. Es kann auch für Designer nützlich sein, die Produkte oder Dienstleistungen für eine bestimmte Zielgruppe entwickeln, wie z. B. ältere Benutzer oder Menschen mit Behinderungen. Durch die Verwendung kontextbezogener Abfragen können Designer Produkte und Dienstleistungen erstellen, die stärker benutzerzentriert sind und die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe besser erfüllen.
Wie man sie benutzt
Das typische kontextbezogene Interview dauert 11⁄2–2 Stunden und basiert auf vier Prinzipien, die die Durchführung des Interviews leiten:
- Kontext: Die kontextbezogene Untersuchung ist eine Forschungsmethode, bei der das Leben und die Arbeitsaktivitäten von Menschen in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet und diskutiert werden, während die Aufmerksamkeit auf die Artefakte gerichtet wird, die sie erstellen oder mit denen sie arbeiten. Es beinhaltet auch die Verwendung rückblickender Berichte, um Einblicke in wichtige Ereignisse zu gewinnen, die sich außerhalb des Interviewfensters ereignet haben, und um zu verstehen, wie Aufgaben in den größeren Kontext des Lebens, der Beziehungen und des Selbst passen.
- Partnerschaft: Partnerschaft ist ein entscheidender Aspekt der kontextbezogenen Untersuchung, bei der Designer mit Benutzern zusammenarbeiten, um ihre Motivationen und Strategien zu verstehen. Der Interviewer lässt den Benutzer das Interview führen, indem er eigene Aktivitäten ausführt und diese kommentiert. Geplante Fragen werden vermieden und das Gespräch auf die wichtigsten Aspekte ihres Lebens, basierend auf dem Projektfokus, gelenkt.
- Interpretation: Interpretation ist ein weiterer Schlüsselaspekt, bei dem Designer mit Benutzern zusammenarbeiten, um die Bedeutung ihrer Worte, Emotionen und Handlungen zu bestimmen. Co-Interpretation wird verwendet, um ein tieferes Verständnis dafür zu schaffen, wie Benutzer gezielte Aktivitäten ausführen und wie sie zu ihrem Gesamtleben beitragen. Dies ist wichtig, denn wenn sie in den Kontext ihres wirklichen Lebens eingetaucht sind, werden sich die Menschen daran erinnern, worauf es ankommt, und sicherstellen, dass ihre Motivationen nicht falsch ausgelegt werden.
- Fokus: Schließlich ist Fokus wesentlich, um das Gespräch auf sinnvolle Themen innerhalb des Projektumfangs zu lenken und gleichzeitig Dinge zu ignorieren, die außerhalb liegen. Die Modelle “The Cool Concepts” und “Contextual Design” werden verwendet, um Einblicke in das Leben zu gewinnen und sich auf relevante Details zu konzentrieren. Die Benutzer werden auch über den Fokus informiert, damit sie das Gespräch in die richtige Richtung lenken können.
Interpretationssitzungen sind ein integraler Bestandteil des Designprozesses und ermöglichen es den Teams, ein tieferes Verständnis der während der Benutzerinterviews gesammelten Daten zu erlangen. An diesen Sitzungen sind in der Regel der Interviewer und 2-5 Teammitglieder beteiligt, die jeweils Erkenntnisse aus ihrer einzigartigen Perspektive beitragen. Dieser kooperative Ansatz führt zu einem umfassenderen Verständnis des Benutzers und seiner Bedürfnisse, als es eine Person allein leisten könnte.
Da Teammitglieder sowohl an Interviews als auch an Interpretationssitzungen teilnehmen, entwickelt sich auf natürliche Weise ein gemeinsames Verständnis der Benutzer und der wichtigsten Designprobleme. Dieser Prozess hilft sicherzustellen, dass die Designlösung auf einem umfassenden Verständnis des Benutzers und seiner Bedürfnisse basiert, was zu einem effektiveren und benutzerzentrierteren Design führt.
Wie man diese Technik online umsetzt
- Teilen Sie Ihre Klasse in Gruppen von 4 – 6 Teilnehmern auf.
- Stellen Sie sicher, dass jede Gruppe ein stabiles Videokonferenz-Tool mit einer guten Bandbreite bereithält, da die Kamera der Interviewten für die Beobachtungen benötigt wird.
- Bereiten Sie für jede Gruppe ein digitales Whiteboard für die Interpretationssitzungen vor.
- Definieren Sie die Forschungsfragen, die Sie beantworten möchten, und die Ziele, die Sie durch die Forschung erreichen möchten.
- Identifizieren und rekrutieren Sie Teilnehmer, die Ihre Zielgruppe repräsentieren. Es ist ideal, solche Teilnehmer zu rekrutieren, die Bedarf an dem Produkt oder der Dienstleistung haben, die Sie entwerfen.
- Zur Beobachtung werden die Kameras der Befragten benötigt. Stellen Sie sicher, dass jeder Interviewpartner eine funktionierende Kameraverbindung zum Videokonferenztool hat.
- Sie können auch jede Gruppe ihre eigene Forschungsfrage definieren lassen und/oder Teilnehmer rekrutieren.
Während der Anwendung, d.h. bei der Durchführung der Sitzung
- Stellen Sie die Methode und ihren Zweck vor.
- Lassen Sie die Studierenden die Teilnehmer in ihrer natürlichen Umgebung beobachten und befragen, während sie sich an Aufgaben/Aktivitäten zu Ihren Forschungsfragen beteiligen. Verwenden Sie Artefakte und rückblickende Berichte, um das Interview auf tatsächliche Fälle zu begründen.
- Bitten Sie die Befragten, typische Aufgaben oder Artefakte mit ihren Kameras oder per Bildschirmfreigabe zu zeigen.
- Lassen Sie die Schüler nach den Interviewsitzungen die während der Kontextanfragen gesammelten Daten auf einem digitalen Whiteboard analysieren, um Muster und Erkenntnisse zu identifizieren, die den Designprozess beeinflussen können.
- Lassen Sie die Schüler die aus den Kontextanfragen gewonnenen synthetisierten Erkenntnisse nutzen, um den Designprozess zu informieren und benutzerzentrierte Designlösungen zu erstellen.
Nachbereitung, was nach der Sitzung zu tun ist
- Schließen Sie die Übung ab, indem Sie z.B. jede Gruppe oder jedes Team ihre Ergebnisse präsentieren lassen.
- Fragen Sie jede Gruppe, was sie für die nächsten Schritte im kreativen Prozess für wichtig erachten.
- Speichern Sie das Whiteboard.
Beispiele und/oder Referenzen
Nachfolgend ist ein Beispiel aus dem Studiengang „User Experience Design“ an der Hochschule der Medien von Prof. Dr. Christoph Kunz. Ein Studententeam hatte die Aufgabe, eine Anwendung zu entwerfen, die das gemeinsame Ansehen von Filmen unterstützt. Es zeigt die wichtigsten Schmerzpunkte von 5 interviewten Cineasten.
Benötigte Werkzeuge
Sie benötigen eine Plattform, um Bildschirme zu teilen und mit den Teilnehmern zu kommunizieren, z. B.: MS Teams, Zoom oder ähnliches. Sie benötigen außerdem eine Whiteboard-Lösung mit digitalen Post-Its wie Miro oder Mural:
- Zoom
- MS Teams
- Miro
- Mural
- Timer (Telefon, Uhr, Computer)
Quellen
Videos
NNgroup (2022, January 07). What are Contextual Inquiries?. [Video]. YouTube. Available at: https://youtu.be/DRv9MpPj9Mo
Papers
Holtzblatt, K. & Beyer, H. (2016): Contextual Design: Design for Life. Second Edition. Morgan Kaufmann. ISBN: 0128008946.